BEMERKUNGEN

ueber die

WERTMESSUNG

 

von

Dr. Walter UNGER, 1932

 

(Nach einer Anmerkung von Prof. H. Rittershausen starb Dr. Unger ca. 1938 in einem der Konzentrationslager der Nazis.)

 

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A. Vom Wesen des Messens

 

B.    I. Auswahl der Werteinheit

a) Existenz

b) Minimaleigenschaft

c) Eindeutigkeit.

 

      II. Vom Zahlungsmittel

a) Notwendigkeit der Einfuehrung von Zahlungsmitteln

b) Eichung der Zahlungsmittel

c) Masstreue der Zahlungsmittel

d) Menge der Zahlungsmittel

 

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Photokopiert aus der Bibliothek von Prof. H. Rittershausen, dann umgeschrieben von J.Z., da die Photokopie imperfekt war. Dr. W. Unger war einer der Verfasser der "4 Gesetzentw.".

 

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A. Vom Wesen des Messens

 

      Der leidenschaftliche Meinungsstreit, der sich an Waehrungsfragen zu entzuenden pflegt, steht im Widerspruch zum Gegenstand, der der Behandlung mit exakten Methoden faehig ist.

      Die Waehrung dient zur Ermittlung und zum Vergleich der Werte volkswirtschaftlicher Gueter; Waehrungsfragen sind daher Fragen der Massbestimmung und koennen den fuer jegliche Massbestimmung gueltigen Gesichtspunkten untergeordnet werden.

      Dadurch ergeben sich von selbst physikalische Analogien. Indem wir das Waehrungsproblem auf die Massbestimmung zurueckfuehren, folgen wir dem Gedankengang der modernen Naturwissenschaften. Schwierigkeiten, die Erscheinungen der Astronomie und des Atombaues, der Schwere und der Elektrizitaet dargeboten, wurden durch eine Kritik der Beobachtungsmoeglichkeiten und der Messmethoden ueberwunden.

 

      Unter Messen versteht man den Vergleich einer beliebig benannten Groesse mit einer gegebenen Groesse gleicher Art durch Beobachtung. Jede Messung setzt daher die Definition der Masseinheit nach Substanz und Groesse voraus. Sie erfordert weiter die Angabe einer Methode, wie aus dem zu untersuchenden Vorgang durch Beobachtung eine Zahl hergeleitet werden kann; und sie bedarf schliesslich einer Theorie, wie die gewonnene Zahl zu dem gesuchten Messergebnis fuehrt.

 

      Wenn Plank in einem bedeutenden Ausspruch darauf hingewiesen hat, dass das Messen an den Schluss einer Wissenschaft gehoert, so hat er damit die Doppelbeziehung aufgezeigt, die zwischen Messung und Theorie besteht.

      Die Massbestimmung ist nicht von aussen einer Mannigfaltigkeit aufgepraegt, sondern erwaechst aus ihr zu widerspruchsfreiem Aufbau. Das Mass macht einen Teil des Systems aus: Es stoert den zu beobachtenden Vorgang und wird von ihm beeinflusst. Die Messung schliesst den Kreis einer Disziplin, indem sie die Theorie, aus der sie erwachsen ist, gleichzeitig begruendet und bestaetigt.

 

      Selbst die einfachste Messung, die der Laenge, macht grundsaetzliche Eroerterungen notwendig. In allgemeinen Raeumen wird beim Transport einer Strecke ihre Laenge abhaengend vom Wege sich aendern. Es besteht also keine Moeglichkeit, zwei voneinander entfernte Strecken miteinander zu vergleichen. Erst wenn es gelingt, eine Laengeneinheit zu entwickeln, die ihrem Wesen nach dem Raum an jeder Stelle innewohnt, erhaelt in solchen Raeumen der Fernvergleich von Strecken wieder einen Sinn. (Das ist die Bedeutung, die Eddingtons Weiterentwicklung der Weyl'schen Raumvorstellung gewonnen hat.)

      Bei der Wertmessung, von der wir nun handeln wollen, werden wir uns mit aehnlichen Schwierigkeiten auseinandersetzen. Ueberdies werden wir uns mit der Anzahl der fuer die Wertbestimmung benoetigten Masskoerper zu beschaeftigen haben.

 

 

B. I. Auswahl der Werteinheit

 

a) Existenz

 

Der Begriff des Wertes dient als Mass fuer die Tauschfaehigkeit wirtschaftlicher Gueter. Ihr Wert ist gleich, wenn sie gegeneinander getauscht werden koennen. Der Wert eines volkswirtschaftlichen Gutes ist nur in Bezug auf den Wert eines anderen erklaert. Mit anderen Worten: Nur ueber das Wertverhaeltnis zweier Gueter kann aus dem Tauschvorgang Aufschluss gewonnen werden; ein Faktor indessen, der in allen Werten enthalten ist, und der sich mit Ort und Zeit aendern mag, bleibt unbestimmt.

      Die Feststellung dieses Faktors waere ohne Schwierigkeit, wenn es moeglich waere, den absoluten Wert volkswirtschaftlicher Gueter auf andere messbare Groessen zurueckzufuehren. Moeglich, dass es dereinst gelingen wird, den absoluten Wert eines volkswirtschaftlichen Gutes aus Groessen zu bestimmen, die mit Arbeit, Energie, (und ? J.Z.) Wirkung im Zusammenhang stehen.

      Das ist jedoch nur ein Fernziel und fuer den Augenblick steht fest, dass es nicht gelingt, den volkswirtschaftlichen Wert auf einen anderen Begriff zurueckzufuehren, ja noch mehr, keiner der volkswirtschaftlichen Werte ist vor dem anderen in der Weise ausgezeichnet, dass er von sich aus beanspruchen koennte, als Werteinheit zu gelten.

      Die darin begruendete Willkuerlichkeit in der Auswahl der Werteinheit bedeutet die Freiheit, ueber den unbestimmten Wertfaktor nach Zweckmaessigkeit zu verfuegen. Dabei ist zu bemerken, dass an sich der unbestimmte Faktor nach Ort und Zeit wechseln kann. Wenn wir der Vereinfachung halber ihn im ganzen Wertbereich oertlich konstant angeben, so verlangen wir damit, dass die zu einem bestimmten Zeitpunkt zu waehlende Werteinheit im ganzen Bereich ihrer Geltung den gleichen absoluten Wert hat. Dann laesst sich in der Tat die Werteinheit ungeaendert von Ort zu Ort bewegen.

      Die Auswahl und Festlegung der Werteinheit geschieht durch die Waehrungsdefinition. Die Bedingungen, die wir fuer die Brauchbarkeit der Werteinheit stellen, schraenken die sich bietenden Moeglichkeiten ein:

 

1) Zunaechst verlangen wir die Existenz einer Werteinheit im ganzen Bereich ueberhaupt. Nach der Bemerkung im vorigen Abschnitt ist dos Vorhandensein einer allgemeinen Werteinheit nicht selbstverstaendlich. Umgekehrt folgt aus der Existenz, dass die Werteinheit so beschaffen sein muss, dass ihr zu jedem Zeitpunkt allenthalben der gleiche Wert von Haus aus innewohnt. Die Werteinheit muss also entweder im ganzen Bereich unter den gleichen Bedingungen vorhanden sein, oder ohne Aufwendungen von Ort zu Ort sich verpflanzen lassen.

      In dieser Forderung steckt, wie man sich unschwer ueberzeugt, fuer den Fall der Goldwaehrung, das Postulat des freien Goldmarktes im ganzen Bereich ihrer Geltung; und man erkennt, dass die manipulierten Goldwaehrungen und Goldkernwaehrungen daran kranken, nicht einmal die Existenz einer Werteinheit sicherzustellen.

 

2) Ueber die zeitliche Aenderung der Werteinheiten ist bislang nichts ausgesagt worden; wir haben ihre Unabhaengigkeit vom Ort gefordert und einen Weg gezeigt, wie diese Unabhaengigkeit gewaehrleistet werden kann. Die Abhaengigkeit der Werteinheit von der Zeit werden wir nicht ausschliessen koennen.

      Die an der Werteinheit gemessenen Werte der volkswirtschaftlichen Gueter werden im Ablauf der Zeit schwanken, wobei dahingestellt bleiben kann, ob diese Schwankun- gen dem absoluten Wert der Werteinheit oder der zu messenden volkswirtschaftlichen Gueter zuzuschreiben sind.

      Es hat nun einen guten Sinn, zu verlangen, dass die Werteinheit so beschaffen sein soll, dass die Wertschwankungen der hauptsaechlichen Gueter so klein als moeglich ausfallen. Wenn man einen Kreis von Guetern auswaehlt, deren Preis fuer einen gewissen Zeitraum bekannt ist, laesst sich fuer die Vergangenheit dies Minimalproblem streng loesen; und nichts steht im Wege, durch Extrapolation das Ergebnis auf die Zukunft zu uebertragen.

 

3) Die letzte Forderung, die wir an die Werteinheit zu stellen hoben, ist die Eindeutigkeit ihrer Definition. Es kann in einem zusammenhaengenden raumzeitlichen Wertbereich nur eine Werteinheit geben. Bei unserer, der mathematischen Denkweise entlehnten Betrachtung erscheint diese Forderung selbstverstaendlich.

      Dennoch kennt die Waehrungsgeschichte in der Doppelwaehrung das Auftreten zweier verschiedener, als gleich betrachteter Werteinheiten. Da es zwar moeglich ist, die Werteinheit zweier Artverschiedener in einem bestimmten Augenblick festzustellen, aber nicht angaengig, diese Gleichheit fuer einen gewissen Zeitablauf zu fordern (vgl. Aktion 2), fuehrt jede Doppelwaehrung zu unloesbaren Widerspruechen.

 

      Als Exkurs mag an dieser Stelle eine Anmerkung ueber das Wesen des gesetzlichen Zahlungsmittels stehen. Wuerde irgend einem Zahlungsmittel in einem Gebiet neben der Werteinheit (und ihrem Vielfachen) der Rang eines gesetzlichen Zahlungsmittels mit Zwangskurs gegeben, so bedarf es auch der Angabe einer festen Beziehung zwischen Werteinheit und dem gesetzlichen Zahlungsmittel.

      Diese Beziehung fuehrt indessen zu einer Doppeldefinition der Werteinheit; daraus folgt, dass kein Zahlungsmittel ausser der Werteinheit (und ihrem Vielfachen) den Charakter eines gesetzlichen Zahlungsmittels mit Zwangskurs haben soll.

 

Wir haben zum Schluss zu zeigen, dass die drei, an die Werteinheit zu stellenden Forderungen miteinander vertraeglich sind. Dos laesst sich leicht beweisen:

 

      Der bei der Wertermittlung unbestimmt geblichene Faktor q haengt, allgemein zu reden, von den Ortskoordinaten x, y, z und der Zeit t ab; also: q = q (x,y,z,t). Mit dem Postulat 1 ist die Abhaengigkeit von den Ortskoordinaten fortgefallen: q = q (t);  Postulat 2 dient zur Bestimmung der Gestalt von  t, eine Aufgabe, die in das Gebiet der Integralgleichungen faellt;  Postulat 3 endlich sorgt fuer die eindeutige Loesung des Problems.

 

 

B. II. a.    Vom Zahlungsmittel

 

Notwendigkeit der Einfuehrung von Zahlungsmitteln

 

      Nachdem die Werteinheit festgelegt ist, scheint die Wertmessung sehr einfach. Man bildet beliebige Bruchteile und Vielfache der Waehrungssubstanz und beobachtet, wie viel an Werteinheit fuer den Gegenstand, dessen Wert bestimmt werden soll, hingegeben werden muss.

Nun stellt sich eine eigentuemliche Schwierigkeit heraus, die wir schon in der Einleitung andeuteten. Der Massstab, mit dem der Abstand zweier Punkte gemessen, das Gewicht, mit dem eine Wiegeschale beschwert wird, bleiben beide bei der Messung ungeaendert; sie koennen als Messwerkzeuge beliebig oft verwandt werden.

Das Stueck Waehrungssubstanz jedoch, das zur Wertermittlung eines Gegenstandes eingetauscht wird, entgleitet den Haenden; und der Vorbehalt des Ruecktausches wuerde den ganzen Versuchsablauf gegenstandslos machen. Es muss durchaus festgestellt werden, dass die Werteinheit (bzw. ihre Bruchteile oder Vielfache) sich grundsaetzlich anders verhaelt als Laengenmass oder Gewicht.

Das Wertmass geht mit dem zu messenden Gegenstand eine Bindung ein wie ein chemisches Reagenz. Im Verlauf der Messung aendert es sich in einem entscheidenden Punkt:

      Es wechselt den Besitzer. Nach der Messung steht das Wertmass mir nicht mehr zur Verfuegung; ich habe es nicht mehr.

 

Durch diesen Vorgang des Besitzerwechsels des Wertmasses wird die Frage noch der erforderlichen Anzahl von Wertmassen ueberhaupt aufgeworfen. Dabei ist zunaechst darauf hinzuweisen, dass wir auf diese Fragen bei der Bestimmung der Werteinheit nicht ausdruecklich eingegangen sind; implizite ist sie indessen im zweiten Postulat enthalten. Die Brauchbarkeit einer Werteinheit haengt von der Haeufigkeit der als Werteinheit dienenden Substanz ob. Um jedoch die funktionelle Abhaengigkeit herzuleiten, beduerfte es schwieriger mathematischer und volkswirtschaftlicher Untersuchungen, auf die es hier nicht ankommt.

Wir koennen uns fuer den vorliegenden Zweck mit dem ganz groben Erfahrungsergebnis begnuegen, dass die Erfuellung des Postulats 2 eine ausgesprochene Seltenheit der Substanz der Werteinheit zur Voraussetzung hat und dass die aus der Substanz der Werteinheit gebildeten Massstaebe nicht ausreichen, um die noetige Anzahl der erforderlichen Wertmessungen durchzufuehren. Mit anderen Worten: Roggen, der in ausreichender Menge zur Verfuegung staende, hat nicht die Eignung als Werteinheit; und Gold, die klassische Werteinheit, ist nirgends auf der Welt so reichlich vorhanden, um alle Umsaetze gegen Gold taetigen zu koennen. Es entsteht danach die Aufgabe, fuer die fuer den volkswirtschaftlichen Umsatz notwendigen Wertmasse - oder wie wir kuenftig sagen wollen: Zahlungsmittel - Vorsorge zu treffen. Diese Zahlungsmittel werden wir nach der Werteinheit eichen und mit ihrer Hilfe dann die gewuenschte Wertermittlung anstellen.

 

B. II. b) Eichung der Zahlungsmittel

 

Ein Mass ist geeicht, wenn durch ein Kennzeichen angemerkt ist, wie oft die Einheit in ihn enthalten ist. Ein Zahlungsmittel bedarf mithin der Angabe, gegen wie viele Werteinheiten es eingetauscht, d.h. ausgegeben worden ist.

Wuerde man sich darauf beschraenken, das Zahlungsmittel nur gegen die Empfangnahme von Waehrungsgut auszugeben, so wuerde der Bereich der Zahlungsmittel nicht ueber die Reichweite des Waehrungsgutes hinaus erweitert. Andererseits kann das Zahlungsmittel um der Eichung willen nur gegen Hingabe von solchen Werten ausgegeben werden, deren Gehalt an Werteinheit feststeht. In solchen Werten stehen uns, da wir eine Messmethode noch nicht ausgebildet haben, nur diejenigen zur Verfuegung, bei denen die Bestimmung der Werteinheit a priori, durch Definition also, moeglich ist.

Werte mit dieser Eigenschaft gibt es nur von einer Art, naemlich das abstrakte Anerkenntnis, eine bestimmte Menge Werteinheit erhalten zu haben, wohlverstanden, verbunden mit dem Versprechen, dagegen Leistungen in der gleichen Hoehe von Werteinheiten auszufuehren. Das auf diese Weise abstrakte Schuldanerkenntnis ist der natuerliche Baustein des Zahlungsmittels.

Wenn hiernach das Zahlungsmittel zum Ankauf von Waehrungsgut oder Schuldanerkenntnissen zum Nennwert benutzt wird, so ist damit die Eichung praktisch durchgefuehrt: Dos Zahlungsmittel steht dem ersten Erwerber zum Nennwert ein. Dabai sei ausdruecklich vermerkt, doss es fuer die Eichung keinen Unterschied macht, ob das Zahlungsmittel gegen Waehrungsgut oder Schuldanerkenntnis verausgabt wurde. Das Deckungsverhaeltnis ist fuer die Eichung ohne Belang.

 

B.   II. c) Masstreue der Zahlungsmittel

 

Nun gilt jedoch jede Eichung nur in einem eng begrenzten raumzeitlichen Gebiet. Wollen wir schon die oertlichen Veraenderungen der Eichkonstante vernachlaessigen, muessen wir uns mit ihren zeitlichen Schwankungen umso genauer auseinander setzen. Je geringer die Wertaenderungen der Zahlungsmittel gegenueber der Werteinheit sind, umso groesser ist die Masstreue, und damit die Brauchbarkeit des Zahlungsmittels.

Dabei ist eine Bemerkung vorauszuschicken: Es versteht sich von selbst, dass das Zahlungsmittel, wie auch immer es sonst beschaffen sein mag, weder dem Annahmezwang unterliegt, noch Zwangskurs haben darf. Beide Bestimmungen bringen das Zahlungsmittel in eine feste Beziehung zur Werteinheit; und es gilt das Gleiche, was in einem frueheren Abschnitt ueber den Charakter des gesetzlichen Zahlungsmittels gesagt worden ist.

Das Zahlungsmittel, dessen Eichung wir beschrieben haben, ist dem freien Kurs unterworfen und unterliegt Angebot und Nachfrage. Wie haben wir, fragen wir uns, zu verfahren, um die groesstmoegliche Masstreue des Zahlungsmittels zu erreichen?

Eine notwendige Bedingung fuer die Masstreue des Zahlungsmittels besteht in seiner Unabhaengigkeit von der Bahn. Soll das Zahlungsmittel ohnehin seinen Wert "unterwegs" nicht aendern, so gilt diese Forderung allgemein und fuer jede Bahn. Das bedeutet im Einzelnen, dass das Zahlungsmittel, ohne seinen Wert zu aendern, einen beliebigen Kreislauf muss vollziehen koennen; wenn wir das Zahlungsmittel an einem beliebigen Punkt antreffen, brauchen wir seine Vorgeschichte nicht zu kennen. An einer bestimmten Stelle hat es stets ein und denselben Wert. Das gilt nun insbesondere vom Ausgangs- und Endpunkt seiner Bahn, mit anderen Worten: Kehrt dos Zahlungsmittel zum Ausgangspunkt zurueck, so muss es den gleichen Wert wie bei der Ausgabe tragen, welchen Weg es auch durchlaufen haben mag.

Mathematisch zu reden, verlangen wir, dass die Verpflanzung des Zahlungsmittels im "Wertfeld" integrabel sei, unabhaengig von der Bahnkurve, und wir erinnern, dass im metrischen Feld mit der Bedingung der Integrabilitaet der Laengenuebertragung dem Raum der spezielle Charakter des Riemann'schen Raumes aufgepraegt ist. Was bedeutet es, ist nun zu fragen, wenn das Zahlungsmittel am Ende seiner Bahn den gleichen Wert besitzt wie am Anfang? Die Antwort darauf gibt das folgende Prinzip:

Wer ein Zahlungsmittel im allgemeinsten Sinne ausgibt, muss es gegen sich selbst gelten lassen. Der Schuldschein ist dem Aussteller gegenueber (bei Faelligkeit) gesetzliches Zahlungsmittel und zum Nennwert aufdraengbar; Wer Schuldscheine ausgibt, muss sich Aufrechnung gefallen lassen.

Damit ist augenscheinlich eine notwendige Bedingung fuer die Masstreue der Zahlungsmittel gewonnen. Gelingt es noch, durch geeignete Auswahl Zahlungsmittel zu finden, bei denen jeder Bahnpunkt durch geeignete Massnahmen dem Engpunkt der Bahn beliebig nahe gebracht werden kann, so haben wir zugleich fuer diese Zahlungsmittel hinreichende Bedingungen fuer die Masstreue entwickelt. Wir uebertragen dos Ergebnis aus der Sprache der Mathematik in die der Volkswirtschaft:

Ein Zahlungsmittel ist dann, und nur dann, wertbestaendig, wenn der Besitzer es in jedem Augenblick zur Zahlung an den Ausgeber zum Nennwert verwenden kann und wenn er fuer die Gegenleistung Verwertung hat.

Die Wertbestaendigkeit des Zahlungsmittels haengt damit ausschliesslich ab von dem Rueckstrom, der ihm durch seinen Aufbau innewohnt und der jedes Angebot anzunehmen und zum Ausgeber zurueckzuleiten hat.

Diskontgeld einer Notenbank, das zum Verkauf der lombardierten Wechsel dient, Eisenbahngeld, das zur Zahlung von Befoerderungskosten angenommen wird, Staatspapiergeld, mit dem Steuern und Abgaben entrichtet werden koennen: Alle diese Zahlungsmitteln koennen vom Besitzer entweder selbst dem Ausgeber in Zahlung gegeben oder an die breite Schicht der Wechselschuldner der Notenbank, der Benutzer der Eisenbahn, der Steuerzahler abgegeben werden. Der staendige Rueckstrom ist da; das Zahlungsmittel kann in jeden Augenblick dem Ende seiner Bahn beliebig nahe gebracht werden. Immer ist der Stillhalter da, der dos Zahlungsmittel zum Nennwert abnehmen muss.

 

Lombardgeld, das auf Finanzwechseln beruht, die nicht abgedeckt werden koennen, Eisenbahngeld, so lange die Eisenbahn noch nicht in Betrieb ist, Staatspapiergeld, das mit dem Steueraufkommen nicht im Einklang steht, hat keinen Rueckstrom, keine Verwendung und damit keine Abnehmer. Das Angebot eines so gebauten Zahlungsmittels fuehrt zwangslaeufig zur Entwertung.

Das Prinzip des Rueckstroms, auf dem wir die Wertbestaendigkeit der Zahlungsmittel begruendet haben, ist eine Weiterbildung der Einloesungs- und Deckungsvorschriften. Auch die Einloesungsvorschriften hatten zum Ziel, die Masstreue des Zahlungsmittels am Ende der Bahn zu gewaehrleisten. Aber sie taten es durch das unerfuellbare Versprechen, den Umtausch der Zahlungsmittel in Waehrungsgut zuzusagen.

Die Deckungsvorschriften waren dazu bestimmt, die Zahlungsmittel knapp zu halten und dadurch fuer Wertbestaendigkeit zu sorgen, aber sie banden die Menge der Zahlungsmittel stark an den zufaelligen Vorrat an Waehrungsgut.

Auch die Forderung nach Rueckstrom enthaelt eine Mengenbestimmung fuer dos auszugebende Zahlungsmittel. Damit ein Rueckstrom entsteht, darf nicht mehr an Zahlungsmitteln ausgegeben werden, als zurueckfliessen koennen. Niemand darf mehr Schuldscheine ausgeben, als er durch Ware oder Leistung einloesen kann; und die Summe der insgesamt umlaufenden Zahlungsmittel muss in einem wohlbestimmten Verhaeltnis zu der Menge der vorhandenen Verbrauchsgueter, Loehne und Abgaben stehen. Es werde moeglich sein, unter Beruecksichtigung der Umlaufsgeschwindigket genauere Angaben zu machen und eine Formel zu skizzieren. Wir koennen auf die Ausfuehrungen verzichten, weil der freie Kurs der Zahlungsmittel in der Praxis ein Kennzeichen fuer den Saettigungspunkt ist. So lange der Kurs des Zahlungsmittels ueber dem Nennwert liegt, herrscht Mangel an Zahlungsmitteln und ein Ueberfluss von Zahlungsmitteln wird sich sofort in einem Disagio kundtun.

Hatte der Notenbankleiter frueher nur Erfahrung und Gefuehl zur Verfuegung, um seinen Notenumlauf zu regeln, so steht ihm bei freiem Kurs ein untrueglicher Gradmesser zu Gebote. Fuer die Theorie der Wertmessung kann es uns genuegen, dass es uns gelungen ist, die Existenz eines masstreuen Zahlungsmittels dadurch bewiesen zu haben, dass wir seinen Aufbau durchgefuehrt haben.

 

Wir kommen zum Schluss. Mit der Existenz des wertbestaendigen Zahlungsmittels ist der Prozess der Wertmessung durchgefuehrt. Die Beobachtung des Preises eines Gutes in Zahlungsmitteln liefert sogleich seinen Wert in Werteinheiten. Indem wir auf den Gang unserer Untersuchung zurueckblicken, erkennen wir, dass wir, indem wir die Grundsaetze allgemeiner Massbestimmung auf die Wertmessung anwandten, zwangslaeufig zu einer Waehrungstheorie gelangt sind, die von den logischen Denknotwendigkeiten gefordert wird, auch wenn sie von der Volkswirtschaft noch umstritten sein mag.

 

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First published in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Pages 291-295.